Gemeinde Egeln nimmt nach 120 Jahren Abschied

Am letzten Januarsonntag haben wir Abschied von unserer Kirche und unserer Gemeinde hier in Egeln genommen. Ein letzter Gottesdienst wurde gefeiert, die Kirche profaniert, geprägt von Emotionen und Abschiedsschmerz.

Apostel Jens Korbien diente der Gemeinde mit dem Wort aus Jesaja 43, 19:

„Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr`s denn nicht?“

Wir schauen in Egeln auf nahezu 120 Jahre Gemeindeleben zurück. Hier ein paar kurze Fakten zur Entstehung und Historie unserer Gemeinde:

  • Die ersten neuapostolischen Gottesdienste in der Egelner Mulde fanden im Jahr 1898 in Etgersleben statt. Daraus entwickelte sich in Etgersleben eine kleine Gemeinde und die war dann auch sozusagen die Quelle, der Ursprung unserer Gemeinde hier in Egeln, die sich 1902 in einer Wohnung in der Schulstraße 14 zu ersten Gottesdiensten zusammenfand.
  • Die neu entstandene Gemeinde Egeln wuchs. Immer mehr Schwestern und Brüder kamen zu den Gottesdiensten zusammen und die Wohnung in der Schulstraße wurde zu klein. Und so wurde am 03.12.1903 der für die Gemeinde umgebaute und hergerichtete Pferdestall des Kohlenhändlers Hoffmann in der Worthstraße 14 zum Gottesdienstraum geweiht.
  • Die Jahre des 1. Weltkriegs und auch die Zeit des 2. Weltkriegs waren für die Gemeinde eine schwere Prüfung. Die Brüder mussten Soldat werden, Leid und Trauer haben die Gemeinde und die Familien der Geschwister nicht verschont. Als Folge des 2. Weltkriegs kamen in den Jahren nach 1945 viele Flüchtlinge und Vertriebene auch nach Egeln und haben in der Stadt und in der Gemeinde eine neue Heimat gesucht und gefunden. Dadurch wurde der Kirchenraum in der Worthstraße 14 für die größer gewordene Gemeinde zu klein. Eine neue, größere Kirche wurde gebraucht und gesucht.
  • 1957 war es dann soweit, ein Haus der ehemaligen Egelner Zuckerfabrik konnte gekauft werden. Mit großem Eifer ging die Gemeinde an den Umbau des neu erworbenen Hauses. Es sollte das Zuhause der Gemeinde werden. Kurz vor der Fertigstellung wurde diese Kirche vom Staat enteignet. Als Folge der Enteignung wurde der vorhandene Kirchenraum in der Worthstraße weiter durch die Gemeinde genutzt, gründlich renoviert und diente weiterhin als Versammlungsstätte.
  • Im Juni 1979 ging der Wunsch der Gemeinde in Erfüllung, endlich konnte ein Grundstück mit einer leerstehenden, baufälligen Scheune erworben werden. Leider haben sich die Behörden in der damaligen DDR viel Zeit gelassen, im Herbst des Jahres 1986 kam die ersehnte Baugenehmigung. Die Abrissgenehmigung für die alte baufällige Scheune wurde Ende Januar 1987 erteilt, das war dann der Startschuss für den Abriss der alten baufälligen Scheune und den Neubau unserer Kirche hier in Egeln.
  • 1990 ist die neue Kirche fast vollendet. Und so wurde am 18.03.1990 der letzte Gottesdienst in der alten Versammlungsstätte in der Worthstraße 14 gehalten. Nahezu 87 Jahre hat sich hier die Gemeinde zu Gottesdiensten und vielen anderen Aktivitäten zusammengefunden. Die Vorfreude auf die neue Kirche war groß.
  • 31.03.1990 Unsere neue Kirche wurde von Bezirksapostel Siegfried Karnick geweiht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir unsere Kirche mit viel Schweiß und Herzblut und großem persönlichen Einsatz gebaut haben. Der Rohbau wurde in Plattenbauweise erstellt und die Brüder aus der Region haben gemeinsam den Bau vollendet. Auch die Straße vor unserer Kirche, quer durch das Wohngebiet, samt öffentlichem Parkplatz wurde in Eigenleistung gebaut. Vorher war es nur ein schlammiger Feldweg. Eine Zahl sei abschließend genannt, 16.000 freiwillige Arbeitsstunden wurden gemeinsam geleistet. Unterstützt von den Schwestern der Gemeinde, die jeden Samstag, wenn gearbeitet wurde, für Frühstück und Mittag gesorgt haben, was bei der engen Versorgungslage in der damaligen DDR keine einfache Aufgabe war.

Wir nehmen Abschied von unserer Gemeinde hier in Egeln. Gemeinsam haben wir hier Gottesdienst und viele angenehme und schöne, manchmal auch schwere Augenblicke erlebt.

Das Schlusswort aus der Gemeinde im letzten Gottesdienst war die Erinnerung an die Flüchtlingskrise 2015. Die damalige Bundeskanzlerin, Angela Merkel hat einen Satz geprägt: „Wir schaffen das!“

Wir schaffen das, mit Gottes Hilfe finden wir, die Schwestern und Brüder der Gemeinde Egeln in den umliegenden Gemeinden, in Aschersleben und Oschersleben ein neues Zuhause. Das wird Zeit, viel Geduld und Mut und Kraft kosten, mit Gottes Hilfe, wir schaffen das.